Wellendichtringe aus PTFE Compounds

Es ist eine Vielzahl an unterschiedlichen Bauformen von Wellendichtringen aus PTFE­ Compounds am Markt erhältlich.
Die am häufigsten verwendete Bauform ist der PTFE­ Manschettendichtring. Im FKM-Forschungsprojekt „PTFE Dichtungen“ wurde eine Vielzahl aktuell am Markt erhältlicher Bauformen untersucht. Dichtsysteme mit PTFE­ Manschettendichtringen zeigten bei den untersuchten Betriebsbedingungen mit vergleichsweise hoher Umfangsgeschwindigkeit eine deutlich bessere Funktion als die anderen untersuchten Bauformen. Diese reichen von der klassischen Elastomer-RWDR Bauform über manschettenähnliche Bauformen, die spanend hergestellt werden, hin zu Dichtringen mit Federn, die für hohe Drücke und langsame Geschwindigkeiten geeignet sind.

Da in der vorliegenden Arbeit ausschließlich PTFE Manschettendichtringe betrachtet werden, wird nachfolgend nicht näher auf die weiteren Bauformen eingegangen. Bei PTFE-Manschettendichtringen besteht meist nur die Dichtlippe aus PTFE-Compound. Diese wird in Stahlringe geklemmt oder, in der Großserie und dem Automotive-Bereich, nach entsprechender Vorbehandlung an einen Versteifungsring angeklebt. So entsteht aus der PTFE-Dichtlippe der PTFE-Manschettendichtring. Die unverformte PTFE Dichtlippe hat einen kleineren Innendurchmesser als der Nenndurchmesser der Welle.
Dieser unverformte lnnendurchmesser Di wird auf den Wellen­durchmesser Dw bezogen. Aus diesen beiden Durchmessern ergibt sich die Überdeckung.

Bei der Montage auf die Welle wird die PTFE-Dichtlippe verformt und aufgeweitet. Durch Spannungen in der Lippe wirkt nun die Radialkraft F auf die Welle. Die aus der Radialkraft und der Berührfläche resultierende Berührpressung sorgt für die Dichtwirkung.

PTFE-Manschettendichtringe ohne Rückförderstrukturen

Dichtsysteme mit glatten PTFE-Manschettendichtringen sind dynamisch nicht vollständig dicht. Der Grund dafür ist, dass sie im Gegensatz zu Elastomer-RWDR keinen aktiven Rückfördermechanismus ausbilden. Dafür verantwortlich sind u. a. die Eigenschaften des Werkstoffes PTFE. Der Werkstoff PTFE und somit auch Wellendichtringe aus PTFE, verzerren sich nicht wie Elastomerwerkstoffe. Darum funktionieren zwei der bei Elastomer RWDR wirkenden, zuvor vorgestellten Rückförderhypothesen nicht (Verzerrungs- und Seitenstromhypothese). Auch die Wischkantenhypothese konnte als Funktionsmechansimus bei PTFE-Wellendichtungen nicht bestätigt werden. Glatte PTFE-Manschettendichtringe wirken also lediglich als Drossel.

Zusätzlich kommt es bei Dichtsystemen mit glatten PTFE-Manschettendichtringen teilweise plötzlich zu unvorhersehbarer Leckage. Begründet wird dieses Verhalten durch Partikel im Dichtspalt, die die Spalthöhe zeitweise örtlich vergrößern und so verstärkte Leckage verursachen. Im Forschungsprojekt „PTFE-Dichtungen“ wird der sprunghafte Anstieg der Leckrate ab einer bestimmten Drehzahl beschrieben. Dieses Phänomen wurde als kritische Geschwindigkeit bezeichnet.

PTFE-Manschettendichtringe mit Rückförderstrukturen

Glatte PTFE-Manschettendichtringe sind dynamisch nie vollständig dicht. Daher werden Rückförderstrukturen im Kontaktbereich benötigt, um Flüssigkeit zur Ölseite zurück zu fördern. Eine solche Rückförderstruktur ist die Spiralrille. PTFE-Manschettendichtringe mit Spiralrille werden beispielsweise als Kurbelwellenabdichtung in Verbrennungsmotoren eingesetzt. Auf die PTFE-Dichtlippe wird dabei eine Gewindestruktur geprägt oder geschnitten. Die entstandene Spiralrille wirkt ähnlich einer Gewindewellendichtung. Dreht sich die Welle, wird Flüssigkeit mitgeschleppt und durch die Gewindesteigung der Spiralrille in axialer Richtung gefördert. PTFE-Manschettendichtringe mit Spiralrille funktionieren dynamisch zuverlässig und haben, verglichen mit Elastomer-RWDR, eine hohe Förderwirkung. Sie können jedoch ausschließlich in Anwendungen eingesetzt werden, in denen die abzudichtende Welle in eine Richtung dreht.

Bei Drehrichtungsumkehr fördert die Spiralrille Flüssigkeit zur Luft- bzw. Bodenseite, was zu Leckage führt.
Der Funktionsmechanismus im statischen und dynamischen Betrieb wurde unter anderem von Jenisch und Bauer untersucht und ist daher weitestgehend bekannt. Bauer beschreibt die optimierte PTFE Manschettendichtung mit Spiralrille wie folgt. „Mit einem stirnseitig geschlossenen Ring, schmalen Dämmen , deren Oberflächen im Berührbereich glatt sind, tiefen und breiten Rillenquerschnitten und angepasster Radialkraft, können Manschettendichtringe aus PTFE-Compounds mit günstigen dichtungstechnischen Eigenschaften für eine Vielzahl von Betriebsbedingungen geschaffen werden.“

„Um statisch sicher abzudichten, müssen insbesondere der ölseitig geschlossene Ring und die Dämme derart ausgebildet sein, dass sie eine schmale, glatte Berührfläche mit hoher und in Umfangsrichtung gleichmäßiger Pressung erreichen.
Durch die Kohäsionskräfte wird das Öl am direkten Eindringen in den nachfolgenden Gewindegang gehindert“ (Zitat Bauer). Danach dringt in den Kontaktbereich von Damm und Welle durch Kapillarkräfte Flüssigkeit ein und „wandert“ zur Luftseite. Dies kann das PTFE-Compound aufgrund seiner Steifigkeit und rauen Berührfläche nicht verhindern. Der umlaufende geschlossene Ring verbessert die statische Dichtheit jedoch entscheidend. Er hat einen schmalen Berührbereich mit der Welle und schließt mit einer steilen Wand ab. Eine ausreichend hohe Berührpressung minimiert das Eindringen von Flüssigkeit. An der steilen Wand bildet sich zur Luftseite ein konvexer Flüssigkeitsmeniskus. Dieser kann aufgrund der Kohäsionskräfte in der Flüssigkeit nicht weiter vordringen.

Dichtefunktion im dynamischen Zustand

Die Dichtefunktion im dynamischen Zustand wurde für Dichtsysteme mit PTFE Manschettendichtringen mit Spiralrille auch von Jenisch untersucht und ein Funktionsmodell aufge­stellt. Er unterscheidet zwei Fälle der Ölförderung. Bei geringem Ölangebot auf der Bodenseite ist die Spiralrille nicht vollständig mit Öl gefüllt. In diesem Fall kann sich keine Schleppströmung ausbilden. Das Öl folgt der Gewindesteigung der Spiralrille im Kontaktbereich mit der Welle, wo es durch Kapillarkräfte gehalten wird. Dieser Zustand entspricht in der Regel dem Betriebszustand, da normalerweise auf der Bodenseite kein Öl ansteht. Der zweite Fall, den Jenisch beschreibt, gilt für ein großes Ölangebot auf der Bodenseite.
Hier sind die Gewindegänge vollständig mit Öl gefüllt und die Spiralrille funktioniert ähnlich einer Gewindewellendichtung.
Die Förderwirkung entsteht in diesem Fall hauptsächlich durch eine Schleppströmung im Querschnitt der Spiralrille.
Diese Erkenntnisse bestätigten sich in den Untersuchungen von Bauer.

Um beidseitig drehende Wellen mit Dichtringen aus PTFE-Compounds leckagefrei abzudichten, sind bidirektionale Rückförderstrukturen notwendig. Solche Rückförderstrukturen sind bisher nicht am Markt erhältlich und es sind nur wenige Literaturstellen und kaum wissenschaftliche Abhandlungen über dieses Thema verfügbar. Es gibt zwar Patente zu bidirektionalen Rückförderstrukturen, die von Hoffmann hergestellt und untersucht wurden. Jedoch zeigten die Dichtungen in Versuchsläufen allesamt Leckage, so dass kein zuverlässiges Abdichten möglich war.

Hoffmann stellte auch die Funktion dreiecksförmiger vertiefter Rückförderstrukturen dar. Der zugrunde liegende Rückfördermechanismus basiert auf der durch Wellenrotation erzeugten Schleppströmung in der Flüssigkeit.
Die dargestellte Hypothese zum Wirkmechanismus wurde nicht verifiziert, da mit dieser Art von Rückförderstrukturen keine dynamische Dichtheit erreicht wurde.

Goujavin behandelte Rückförderstrukturen für PTFE Manschettendichtringe für beide Wellendrehrichtungen theoretisch.
In Simulationen variierte er Geometrie-Parameter der Rückförderstrukturen. Er teilte den Förderwert in zwei Anteile auf.
Einen schrieb er dem „hydrodynamischen Dichtspalt“, den anderen „Rückförderkanälen“ zu. Er stellte fest, dass zum Beispiel mit hohen Rückförderkanälen (großer Querschnitt) ein hoher Förderwert erreicht wird. Abschließend gab er Gestaltunghinweise. Eine experimentelle Verifikation fand nicht statt.

Wellendichtringe aus PTFE

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