Vergleich von Elastomer- und PTFE-Dichtungen

Die Vorteile des Elastomer-RWDR liegen in seiner sehr guten statischen Dichtheit, dem aktiven Rückfördermechanismus, also der dynamischen Dichtheit, sowie der Drehrichtungsunabhängigkeit. Hauptnachteile sind eine geringe chemische und thermische Beständigkeit. Hier liegt der große Vorteil von PTFE-Manschettendichtringen. Sie sind chemisch und thermisch extrem beständig. Da sie jedoch keinen aktiven Rückfördermechanismus ausbilden, muss dies durch gefertigte Rückförderstrukturen kompensiert werden. Die PTFE-Manschettendichtung mit Spiralrille ist zwar dynamisch sehr gut dicht, jedoch nur in eine Wellendrehrichtung. Zuverlässig funktionsfähige, bidirektional wirkende PTFE­ Manschettendichtungen sind nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik nicht verfügbar. Eine Kombination der sehr guten chemisch-thermischen Eigenschaften des PTFE-Compounds mit Dichtheit in beide Wellendrehrichtungen wäre ein Meilenstein.
Dies würde eine Vielzahl an Anwendungsgebieten für PTFE-Manschettendichtungen erschließen. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es bisher auf diesem Gebiet nur sehr wenige Arbeiten und Veröffentlichungen. Es fehlt somit an Wissen und Grundlagen, bei der Entwicklung anzusetzen oder diese vorantreiben zu können. Zur Abdichtung beidseitig drehender Wellen muss darum bislang auf PTFE-Manschettendichtungen ohne Rückförderstrukturen zurückgegriffen werden. Dies bringt jedoch immer die funktionsbedingte Leckrate mit sich, da glatte PTFE-Manschettendichtungen lediglich als Drossel wirken. Auf diesem Gebiet gibt es zwar mehrere wissenschaftliche Arbeiten, allerdings besteht nach Sicht des Autors in Bezug auf Funktionsmechanismus und Vorgängen im Dichtspalt noch erheblicher Forschungsbedarf. Bei der statischen Dichtheit (Wellenstillstand) sind PTFE-Dichtungen aufgrund der höheren Steifigkeit gegenüber Elastomer-RWDR im Nachteil.
PTFE-Compounds können Rauheiten im Dichtkontakt darum deutlich schlechter verschließen als elastomere Werkstoffe. Ist die Pressung im Dichtkontakt nicht optimiert, kann dies innerhalb kurzer Zeit zu Leckage führen. Zusammengefasst bestehen damit folgende Hauptnachteile und Wissenslücken im Bereich der PTFE-Manschettendichtungen für beidseitig rotierende Wellen

  • Wenig Wissen zu Funktion und Vorgängen im Dichtspalt
  • Mangelnde dynamische Dichtheit glatter PTFE-Manschettendichtungen
  • Keine funktionsfähigen bidirektionalen Rückförderstrukturen vorhanden
  • Gute statische Dichtheit verlangt nach optimierter Pressung im Dichtkontakt

Hypothesen zur Funktion

Nun werden, ausgehend von Grundlagen und dem Stand der Wissenschaft und Technik, Hypothesen zur Funktion von PTFE-Manschettendichtungen aufgestellt. Dabei wird in statische Funktion (Wellenstillstand) und dynamische Funktion (Wellenrotation) unterschieden. Im experimentellen Teil der Arbeit werden diese Hypothesen dann kritisch überprüft.

Hypothese zur Funktion im statischen Zustand

Das Funktionsmodell von Bauer zur statischen Funktion von PTFE-Manschettendichtungen mit Spiralrille bildet die Grundlage für die Hypothese zur statischen Funktion. Demnach muss eine makroskopisch geschlossene Pressungslinie am gesamten Umfang der Welle vorhanden sein.
Dies hindert Flüssigkeit am Ausströmen und lässt nur mikroskopische Kanäle im Dichtkontakt zu. In Kombination mit einer steilen Wand am luftseitigen Ende des Dichtspaltes (schlagartige Spalterweiterung) werden so Kohäsionskräfte in der abzudichtenden Flüssigkeit genutzt und es kann sehr gute statische Dichtheit erreicht werden. Die hier aufgestellte Hypothese zur Funktion im statischen Zustand besagt, dass dieses Funktionsmodell für alle Arten von PTFE-Manschettendichtungen gilt. Folglich sollten die in dieser Arbeit untersuchten Dichtringe, bei entsprechender Gestaltung, eine sehr gute statische Dichtheit erreichen.

 

Hypothesen zur Funktion im dynamischen Zustand

Für den dynamischen Dichtmechanismus wird zwischen passiver und aktiver Abdichtung unterschieden. Passiv, also als Drossel, wirken alle PTFE-Manschettendichtungen. Aktiv wirken können sie nur, wenn Rückförderstrukturen vorhanden sind.

Bei rein passiver Abdichtung, also zum Beispiel bei glatten PTFE-Manschettendichtungen, wird in mehreren Veröffentlichungen die höhere Leckage bei steigender Umfangsgeschwindigkeit bemerkt. Oftmals wird die mangelnde Folgefähigkeit der PTFE­ Dichtlippe dafür verantwortlich gemacht. Die hier aufgestellte Hypothese besagt, dass die Folgefähigkeit nicht der alleinige Grund für die steigende Leckage ist. Als grundlegender Mechanismus wird der hydrodynamische Auftrieb im Dichtspalt vermutet. Dies erklärt den schlagartigen Anstieg der Leckrate ab einer bestimmten Drehzahl. Dieser Umschlagpunkt wird als kritische Drehzahl bezeichnet. Die kritische Drehzahl trennt zwei Bereiche voneinander: den Bereich 1, der sich durch niedrige Leckraten auszeichnet und den Bereich 2, mit deutlich höheren Leckraten. Bei aktiver Abdichtung, also mit Rückförderstrukturen, dienen die Erkenntnisse von Jenisch, Bauer und Hoffmann als Grundlage für die Funktionshypothesen. Danach werden zwei Wirkmechanismen der aktiven Abdichtung unterschieden. Zum einen die Flüssigkeitsforderung durch Schleppströmung, zum anderen die Flüssigkeitsforderung bei nur benetztem Kontaktbereich. Diese beiden Fälle werden nun zu Hypothesen für bidirektionale Rückförderstrukturen erweitert.

Wellendichtringe aus PTFE

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